Die Geschichte von Rot und Gelb von Kathleen Kühn
Ausschnitt:
…“Rot liebt Stöcke und Gelb liebt Stricke. Das ist doch nichts Besonderes, werdet ihr sagen. Langweilig. Aber wartet, noch kennt ihr die beiden nicht. Und Rot und Gelb kennen sich auch noch nicht.
Rot sammelt Stöcke. Keinen mit schimmernder Rinde oder spezieller Gabelung lässt es liegen. Rot versteckt die Stöcke vor und unter dem Bett, im Wandschrank- sogar auf dem Fensterbrett. Denn man weiß ja nie welches Monster am Kopfkissenende lauert… Rot ist ein Krieger. Nur weiß das keiner. Greift es gefährliche Hosenbeine an, schimpfen die Anderen: „Rot ist zu laut Rot ist zu wild!“ Das bleibt hängen. Das setzt sich fest. Bei den Anderen und auch in Rots Gedächtnis. Dort wird es zum Brüllen. In den Händen macht es sich fest und wird zum Faustschlag. In den Füßen wird es zum Tritt. Nach einer Weile fällt es überhaupt nicht mehr auf, das Rot nur manchmal laut und wild gewesen ist. Wenn die Anderen Rot sehen rennen sie fort. „Schnell weg!“ Niemand lädt Rot zum Geburtstag ein. An einem schönen Regentag entschließt sich Rot beim Sprung in eine Pfütze: „Wenn die Anderen sagen, ich bin laut und wild stimmt das. Dann kann ich das wohl am besten!“ So wird aus Rot, das nur manchmal laut und wild war, Rot das immer laut und wild ist. Soviel zu Rot. Aber es gibt noch eine weitere wichtige Farbe in dieser Geschichte:
Gelb ist meistens so still und versunken, dass es sich selbst nicht auffällt und schon gar nicht den Anderen. Gelbs Stricke sind besonders schöne Stücke von plastikummantelten Wäscheleinen, Wurstbindfäden und geflochtenen Hanfseilen zum Schaukelanbinden. Nachmittags schleicht Gelb um den Komposthaufen der alten Gärtnerei. Hier schaufelt der Bagger von Zeit zu Zeit die Erde um. Und darin verstecken sich die schönsten Stricke. Morgens Gelb liegt in der Sonne und streicht die neuen Stricke glatt. Plötzlich bricht Rot bricht mit mindestens zehn Stöcken bewaffnet aus dem Gebüsch hervor. „….
Zwei Farbfleckenfinden sich. Ein Mitmalbuch für die Lauten und die Leisen.